Den ersten Block rundete Barbara Kanzian ab, die auf ihrer Online-Plattform “über_Land” zahlreiche Geschichten über Stadt und Land(wirtschaft) sammelt und Beispiele für nachhaltige Entwicklung auf lokaler Ebene sichtbar macht. Als erstes Beispiel nannte sie bereits die Gemeinde Gutenstein.
Barbara Kanzian stellte zu Beginn eine Umfrage vor, bei der die Zufriedenheit der Bevölkerung am Land sehr hoch ist und viele Städter gerne aufs Land möchten. Der Ruf nach dem Urban Village klingt hier durch.
In den Geschichten, die sie sammelt und schreibt, wird vom Co-Working in einem ehemaligen Gasthaus in Munderfing (von dem Ort stellte eine andere Referentin noch ein weiteres Beispiel vor) erzählt, sowie von den innovativen Zukunftsorten Kals in Osttirol (Ortskernerneuerung) und Werfenweng (sanfte Mobilität und Tourismus). Barbara Kanzian porträtiert auch Menschen: Eine Frau, die von Wien nach Parndorf ging, um Ziegenbäuerin zu werden, oder von einem Mann, der weniger Hektik, ein günstigeres Leben und ein Familienunternehmen aufbauen wollte, und letztlich von Wels wegzog, um Bauer in Eggendorf zu werden.

Gutenstein
Die Raimundgemeinde Gutenstein war eine Abwanderungsgemeinde mit wenig Budget aus der Kommunalsteuer. Michael Kreuzer (Bürgermeister von Gutenstein) erzählte, wie er der Gemeinde neues Leben einhauchte, in dem er die EinwohnerInnen stärker in die infrastrukturelle und kulturelle Gemeindeentwicklung einband, wodurch er die Kooperation unter den BewohnerInnen fördern konnte. So wurde das bereits geschlossene Schwimmbad mit Tatenkraft der BürgerInnen saniert.
Die bereits vor der Amtszeit von Michael Kreuzer in Gutenstein stattfindenden Raimundspiele wurden aufgewertet: erstens verbringen die SchauspielerInnen ihre Zeit auch während der Proben bis zu den Aufführungen vor Ort, so wie ein Ferdinand Raimund die Inspiration in der Natur in Gutenstein suchte; zweitens ist dieses Sommertheater nicht ohne die ehrenamtliche Mitwirkung zahlreicher GutensteinerInnen möglich. Dies zeigt, wie auch abseits von großen budgetären Mitteln großes vollbracht werden kann.
Das dritte Beispiel von Michael Kreuzer betrifft die Dorfschmiede rund um die Firma Wohnwagon, welche (mobile) je nach individuellen Anspruch autarke Tiny-Houses baut. Diese siedelten sich im Gutensteinerhof, einem alten Gasthof gegenüber dem Bahnhof an und werden noch weitere anziehen. Ziel von Michael Kreuzer ist es, dass Gutenstein die nachhaltigste Gemeinde Europas wird.
Fehring
Eine andere Geschichte erzählt Fehring. Im Cambium – Leben in Gemeinschaft (www.cambium.at) in Fehring (Steiermark) schlossen sich zwei Gruppen von ehemaligen StadtbewohnerInnen aus Graz und Wien zusammen und erwarben per Vermögenspool die dortige Kaserne für ein Co-Living und Co-Working. Was zunächst nach Ökodorf klingt, ist bei genauerer Betrachtung, wenn man sich die Pläne der BewohnerInnen der Kaserne ansieht, jedoch vielmehr: es geht um eine Örtlichkeit des nachhaltigen Zusammenlebens und Wirtschaftens, eine “Oase des Wandels”, die ihre Umgebung (die Gemeinde Fehring und darüber hinaus, das Vulkanland, Südburgeland, Ungarn) miteinbezieht und mitgestalten möchte (siehe dazu auch im Anhang: Oasen des Wandels).
Das Cambium – Leben in Gemeinschaft, dessen BewohnerInnen nicht nur vor Ort oder in der Gemeinde, sondern auch in Graz und Wien beruflich tätig sind, plant zudem die Einbindung von Hochschulen, die mit ihnen gemeinsam verschiedene Aspekte rund um ihre Oase transdisziplinär erforschen möchten. Unter anderem steht eine Ökobilanzierung des alten Kaserne sowie dessen Anpassung bevor.